Glückstadt als GarnisonstadtAls dänische Festung, Garnison und Flottenstützpunkt war Glückstadt in alle Kriege, an denen Dänemark beteiligt war, verwickelt als Lieferant von Soldaten, Waffen, Schiffen und Proviant. Umso mehr galt das, wenn es Kämpfe in Schleswig-Holstein gab oder Glückstadt gar selbst belagert wurde. Schon zehn Jahre nach Ausstellung der Gründungsurkunde wurde die kaum ausgebaute Festung von Wallensteins bzw. Tillys Truppen 1627/28 vergeblich belagert und beschossen. Mit der Kapitulation und Übergabe der Festung an die gegen Napoleon verbündeten Schweden, Russen, Preußen und Engländer im Januar 1814 endete die Geschichte Glückstadts als Festung und Flottenstützpunkt, wenn auch nicht als Garnisonstadt. Denn noch immer garnisoniert hier - aber nur noch für eine kurze Zeit, da der Bundeswehrstandort Glückstadt aufgegeben werden soll - eine Ausbildungseinheit der Bundesmarine.
Die "Kriegsgeschichte der Festung Glückstadt und der Niederelbe" von 1615 bis 1940 hat Friedrich Carl Rode in zwei Bänden, die 1940 in Glückstadt und Hamburg erschienen sind, ausführlich beschrieben. Auf 75 Seiten hatte schon früher Andreas Christian Lucht in seinem Buch "Glückstadt, oder Beiträge zur Geschichte dieser Stadt ..." (Kiel 1854) die kriegerischen Ereignisse behandelt, die sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und 1813/14 vor Glückstadt abspielten. Im zweiten Band seiner Geschichte der Elbmarschen (Glückstadt 1892) ging Detlef Detlefsen auch auf das Kriegsgeschehen von 1627 bis 1814 ein. Mein Arbeitsschwerpunkt war die Gründungszeit Glückstadts bis ca. 1652. Die "Kriegsgeschichte" Dänemarks hat mich nicht weiter interessiert. Ich habe versucht, das Verhältnis Bürgerschaft - Garnison etwas zu beleuchten und habe dafür auch Quellen des 18. Jahrhunderts ausgewertet. Das Militär prägte das Leben in der Stadt Glückstadt. Es verlangte ständig durch Einquartierung, Abgaben, Wachdienst und vieles mehr den Einsatz des Bürgers. Man begegnete den Soldaten vor den Toren, auf den Elbwiesen beim Exerzieren, auf den Wällen und Bastionen, auf dem Markt beim Appell oder bei der Vollstreckung von Strafen wie dem Spießrutenlaufen, in den Straßen beim Patrouillieren und als Wachen vor den Gebäuden der Festung. Sie füllten die Wirts- und Bürgerhäuser. Nicht selten blieb den Bürgern und ihren Familien nur eine kleine Kammer in ihrem Haus. Die Anlage der Stadt war militärischen Forderungen unterworfen. Die zahlreichen mächtigen Gebäude der Festung beherrschten die Straßenfronten. Die Wälle, Bastionen, Wassergräben und engen Tore versperrten den freien Zutritt in die Stadt. Vor den Toren standen ein Gefreiter und ein Schilderposten, die jeden, der in die Stadt wollte, befragten: Woher er komme? Wie er heiße? Was sein Beruf und wessen Fürsten Untertan er sei? Ob er nur durchreisen oder länger bleiben wollte und wo er logieren werde? Der Hauswirt, bei dem ein Gast einkehrte, hatte "die Verordnung wegen Meldens der Fremden bey der Hauptwache" zu befolgen und jeden Abend schriftlich zu melden: "Wie seine Gäste heißen? Was sie sind? Wo sie herkommen? Wohin sie fahren werden? Was sie in der Stadt treiben?" Kein wachhabender Offizier durfte "eine Zusammenlaufung der Leute vor der Wache" gestatten. Niemand durfte den Pulvertürmen auf zwanzig Schritt nahe kommen. Es war verboten, mit einem Boot auf den Festungsgräben zu fahren oder auf den Wällen einen anderen als den "ordinairen Wallweg" zu gehen. Die Stadt wurde 1631 dem Kommandanten und Gouverneur der Festung unterstellt. Dieser gebot nicht allein über die Garnison, sondern auch über Bürgermeister, Rat und alle Einwohner der Stadt. Der Magistrat und die Bürgerschaft hatten sich "bey Vermeidung der höchsten Ungnade und Strafe" jeglicher selbständiger Wahl ihrer Repräsentanten zu enthalten. Der Magistrat bekam z. B. 1635, als er sich beschwert hatte, harte Worte vom Kommandanten zu hören. "Ich werde", so schrieb dieser, "so lange ich das Commando allhir habe, mich durch der Herrn Lamentiren nicht abschrecken lassen." In meiner Arbeit über die "Bevölkerung ..." (Nr. 31) hatte ich schon Zahlen über die Stärke der Garnison bis 1652 vorgelegt. Dazu habe ich im Steinburger Jahrbuch 1976 (Nr. 34) detaillierte Angaben über die einzelnen Truppenteile mit den Namen der Regimenter und Kommandeure, mit Namen der Kriegsschiffe und der Kapitäne gemacht.
1966 habe ich im Band 2 des dreibändigen, zum 350jährigen Stadtjubiläum erschienenen Sammelwerks "Glückstadt im Wandel der Zeiten" gut 30 Seiten unter dem Titel "Glückstadt als Garnisonstadt und Festung" veröffentlicht (Nr. 9). Der Beitrag erschien unverändert noch einmal 1987 in der Schriftenreihe Festungsforschung mit dem Titel "Das Verhältnis von Bürgern und Soldaten in der Festung Glückstadt im 17. und 18. Jahrhundert" (Nr. 46) mit folgenden Kapitelüberschriften: Die Vorherrschaft des Militärs, Die Glückstädter Handwerker und das Militär, Aus den Akten des Gouvernementsgerichtes, Die Einquartierung, Der Wachdienst der Glückstädter Bürger. Der Beitrag ist illustriert mit zwei Plänen der Festung, Uniformen und Rangabzeichen von Matrosen der Glückstädter See-Equipage, von Soldaten und Offizieren des Königin-Leibregimentes und Gebäuden der Festung. Wenn auch die Soldaten zumeist bei den Bürgern einquartiert waren, so gab es aber auch vom Staat gebaute einfache Häuser ähnlich den Nyboders in Kopenhagen in der Nähe des Hafens und der Bastionen für die Stammgarnison, die zu einem großen Teil aus Artilleristen bestand. Sie wurden schon 1636 in Glückstädter Akten als Kommisshütten bezeichnet. Im Aufsatz Nr. 39 habe ich u. a. einen Vertrag mit genauer Ausführungsbeschreibung für den Bau von zwei Reihen Soldatenhäusern aus dem Jahre 1633, der im Reichsarchiv Kopenhagen verwahrt wird, abgedruckt. Seiner Funktion als Festung und Garnisonstadt verdankte Glückstadt das staatliche Engagement auf einem besonderen Gebiet. Nachdem in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Stadt, ihre Bürger, die hier stationierten Soldaten und die hier tätigen Regierungsbeamten unter verschiedenen seuchenartigen Krankheiten gelitten hatten, deren Ausbreitung auch dem feuchten Marschklima und dem schlechten Trinkwasser zugeschrieben wurde, machte sich eine hochkarätige Untersuchungskommission aus Ärzten, Ingenieuren und Militärs auf die Suche nach den Ursachen. Aus ihrer Arbeit ging eine umfangreiche Denkschrift hervor, die einen hervorragenden Einblick in die hygienischen Verhältnisse der Stadt, vor allem aber in das komplizierte Ent- und Bewässerungssystem mit der Elbe, den Elbenebenflüssen, Rhin und Schwarzwasser, und den Festungsgräben vermittelt. Unter dem Titel "Die Wasserkunst, die Trinkwasserversorgung und die hygienischen Verhältnisse Glückstadts im Jahre 1760" habe ich eine Zusammenfassung der Denkschrift im Steinburger Jahrbuch 1969 veröffentlicht. Für den Abschnitt "Die Ent- und Bewässerung und die Trinkwasserversorgung" setzte sich der Architekt Jürgen Michaelsen mit den teils verwirrenden Angaben der Denkschrift über den Zu- und Abfluss des Wassers bei Ebbe oder Flut über etliche Schleusen und Siele auseinander und zeichnete dazu einen detaillierten Plan (Nr. 17 und - leicht erweitert - 44).
|